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Die 5 Komponenten einer guten Entscheidung
Geschrieben von M. Dettmer zum Theme .
Eine gute Entscheidung ist eine Entscheidung, die nach langer Zeit und mit veränderten Randbedingungen noch richtig bleibt. Leider lassen sich viele Entscheidungen nach ein paar Monaten oder Jahren nicht mehr nachvollziehen. Das ist dann der Fall, wenn sie nicht professionell getroffen und dokumentiert worden sind.
Wann sind Entscheidungen professionell?
Professionelle Entscheidungen müssen für den Rest der Welt nicht transparent sein. Aber sie müssen für denjenigen, der eine Entscheidung trifft, nachvollziehbar sein und bleiben. Dies ist dann der Fall, wenn es eine schriftliche Dokumentation gibt, die die Entscheidung zu dem jeweiligen Zeitpunkt beschreibt und die verwendeten Fakten und Einschätzungen dokumentiert.
Im Grunde ist es einfach: Fundierte, professionelle Entscheidungen zu treffen, ist harte Arbeit. Und für diese Art von Arbeit gibt es trotz Computern nicht viele Werkzeuge. Denn Entscheiden erfordert echte Intelligenz. Aber das ist es, mit dem sich Computer noch schwertun.
Fangen wir zuerst mit dem Wichtigsten an: Was ist eine Entscheidung? Das aus dem Altgermanischen kommende, mittelhochdeutsche Wort “scheiden” bedeutet “spalten” oder “trennen”. Die “Scheidung” trennt ehemals Verbundenes. “Entscheiden” bedeutet “ein Urteil fällen, bestimmen” (Quelle: Duden, Herkunftswörterbuch, 3. Auflage, 2001). Zwischen unterschiedlichen verschiedenen Optionen, wird diejenige Option ermittelt, die der Zielerreichung am meisten dient — es wird ent-schieden. Nach dem Treffen einer Entscheidung fallen alle anderen Lösungen zurück — bis sie nicht mehr wahrgenommen werden.
Aber wie werden Entscheidungen professionell getroffen? Es gibt die folgenden 5 Bausteine einer Entscheidung:
Alternativen und/oder Optionen
Kriterien
Bewertungen
Gewichtungen
Methoden
Wenn über diese fünf Bausteine nachgedacht und alle mit Inhalt versehen wurden, kann man von einer professionellen Entscheidung sprechen.
1. Alternativen und/oder Optionen
Wir müssen den Unterschied zwischen Alternativen und Optionen beachten. Der Unterschied ist, daß eine Alternative die andere Alternative ausschließt. Dies ist bei Optionen nicht der Fall — zumindest theoretisch könnten mehrere Optionen gleichzeitig realisiert werden.
Besser lassen wir die Alternativen unter der Bezeichnung “Optionen” laufen — denn alle Optionen können Alternativen sein, aber nicht umgekehrt. Die Frage, ob eine Option eine Alternative ist, bleibt offen.
Alternativen und Optionen können sich verändern. Es können neue Alternativen und Optionen entstehen oder vorhandene wegfallen. Entscheidungen verändern sich, wenn sich die Optionen ändern.
2. Kriterien
Kriterien sind die Eigenschaften einer Option oder Alternative, die wir sehen, messen oder fühlen können. Bei Autos ist das zum Beispiel der Kraftstoffverbrauch, bei der Partnerwahl das Aussehen oder beim Hauskauf der Preis. Kriterien gelten für alle Optionen gleichzeitig. Wenn es Optionen gibt, für die es ein Kriterium nicht gibt, dann können diese Optionen nicht direkt miteinander verglichen werden.
Kriterien sind eine vielschichtige Angelegenheit. Es kann passieren, daß neue Kriterien auftauchen und daß existierende Kriterien unwichtig werden. Die Qualität einer Entscheidung kann aufgrund der Auswahl der verwendeten Kriterien beurteilt werden. Je mehr sinnvolle Kriterien vorliegen, desto sicherer ist eine Entscheidung am Ende richtig. Umgekehrt kann es passieren, daß eine Entscheidung sich als falsch herausstellt, weil ein wichtiges Kriterium gefehlt hat.
3. Bewertungen
Eine Bewertung beschreibt für alle Optionen den Erfüllungsgrad der verwendeten Kriterien. Bei Autos kann beispielsweise der Benzinverbrauch als Kriterium pro Option angegeben werden.
Manche Bewertungen kann man quantitativ in konkreten Zahlen bestimmen. Man kann beispielsweise bei Autos den Benzinverbrauch in Liter pro 100km messen. Ist keine Größe als Zahl benennbar, kann man die Bewertung auf einer abgestuften Eignungs-Skala einordnen. In der Wissenschaft wird dafür häufig eine “Likert-Skala” verwendet.
Ein Kriterium wie “Design” kann nicht mehr quantitativ bewertet werden, deshalb geht man anders vor. Ein Vergleich von zwei Optionen für ein qualitatives Kriterium (wie Design) nennt sich “Paarweiser Vergleich” und wird ebenfalls als Bewertung angesehen. Bei diesem Kriterium besteht die Bewertung aus Stufen wie “viel besser als …” oder “ein wenig besser als…” — zwischen fünf und neun Unterscheidungen werden sinnvollerweise hier verwendet.
4. Gewichtungen
Für eine Entscheidung sind nicht alle Kriterien gleich wichtig. Deshalb werden Kriterien “gewichtet”. Dies kann man sich als priorisierte Liste vorstellen, in der einige Kriterien wesentlich stärker ins Gewicht fallen, als der Rest.
Wir gehen davon aus, daß die gewählten Kriterien in einer Reihenfolge vorliegen. Dies bedeutet, daß ein Kriterium wichtiger ist als ein anderes — oder mindestens gleich wichtig. Die Gewichtung der Kriterien kann gleichförmig, linear steigend, quadratisch steigend oder exponentiell sein. Je nach Gestaltung stehen die weniger wichtigen Kriterien weiter unten in der Liste.
5. Methoden
Es gibt diverse Methoden, mit denen Entscheidungen professionell getroffen werden können. Mit “professionell” ist hier gemeint: Die Entscheidung ist nachvollziehbar berechnet und dokumentiert. Eine reine “Bauchentscheidung” ist in keinem Fall professionell. Was nicht heißt, daß das “Bauchgefühl” nicht berücksichtigt werden kann.
Es bieten sich zwei Methoden zur Berechnung von Entscheidungen an.
Eine Nutzwert-Analyse ist die einfachste Form eines Vergleiches von Alternativen anhand von Kriterien. Wenn Sie zum Beispiel einen Artikel kaufen wollen und den gleichen Artikel zu einem höheren und zu einem niedrigeren Preis angeboten bekommen, dann werden Sie den Artikel mit dem niedrigeren Preis bevorzugen. Die Optionen sind hier zwei Anbieter und das einzige Kriterium ist der Preis. Dieses Konzept wird auf weitere Optionen und Kriterien ausgedehnt. Eine einfache Excel-Tabelle ist hier ein valides Vorgehen.
Eine andere Methode nennt sich AHP. AHP steht für “Analytic Hierarchy Process” und geht differenzierter vor. Es geht bei AHP nicht mehr um feste Werte, sondern um “weiche” (“softe”) Werte. “Weiche Kriterien” sind zum Beispiel Kriterien wie Design, Reputation, Zuverlässigkeit.
In der Praxis werden jeweils zwei Optionen gegenübergestellt. Dann kann pro Kriterium entschieden werden, welche der Optionen der anderen Option in Hinsicht auf das Kriterium überlegen ist und wie stark.
Hier wird erkennbar: Sachlich geht es dabei nicht mehr zu. Und das ist der Punkt. Hier werden jeweils zwei Optionen oder Alternativen gegeneinander gestellt und deren Eigenschaften bewertet. Dies kann im Kreis geschehen und zu widersprüchlichen Angaben führen. Diese Methode kann diese Widersprüche sichtbar machen und arbeitet trotzdem korrekt.
Natürliche Intelligenz
Es ist mühsam, diese 5 Komponenten korrekt aufzulisten und mit Inhalten zu füllen. Leider muss man dafür möglichst viele Entscheidungsgrundlagen ermitteln und in der Folge viel darüber nachdenken. Diese Denkarbeit kann einem die künstliche Intelligenz leider nicht abnehmen.
Aber es lohnt sich — probieren Sie es aus. Eine professionell und methodisch gefällte Entscheidung, die dokumentiert wird, bleibt lange aktuell. Entscheidungen bei denen aus der hohlen Hand entschieden wird, werden schnell zu einem Problem. Und Probleme sind das Letzte, was wir wollen.